Geschichte
Von der Kinderbewahrungsanstalt zur Kindertagesstätte
Erste Spuren einer „Kinderbewahrungsanstalt“ in Eschwege sind bereits aus dem November 1879 überliefert. Unter Vorantritt des Metropolitans Christian Nicolaus Gonnermann (1803-1883) und seiner Amtsbrüder Linz, Liese und Klingender, einiger „Damen der Gesellschaft“ – darunter u.a. Philippine Gonnermann (1811-1896), der Schwester des obersten Pastors der Stadt – sowie etlicher offenbar sozial und christlich eingestellter Fabrikanten suchte man auch in Eschwege die Aufforderung Christi – niedergelegt in der bekannten Stelle bei Markus 10, 14: „Lasset die Kindlein zu mir kommen, und wehret ihnen nicht…“ – in eine hilfreiche und sichtbare Tat umzusetzen.
Die Beweggründe wurden in einer „Erklärung und Bitte“ klar ausgesprochen: „Es ist gewiss für viele Eltern, namentlich Mütter eine nicht geringe Sorge, dass sie, um ihrer Arbeit nachgehen und die ihnen obliegenden Geschäfte verrichten zu können, ihre noch nicht schulpflichtigen Kinder sich selbst oder der Straße überlassen müssen. Um diese Gefahren und Schäden in unserer und für unsere Stadt tunlichst zu verhüten und zu beseitigen, haben wir uns dazu entschlossen und vereinigt, hierorts eine Kinder-Bewahrungsanstalt zu gründen…“
Bei der geplanten Kinderbewahranstalt war zunächst an eine Betreuung von Kindern im Alter von etwa 2 1/2 Jahren bis zum Beginn des schulpflichtigen Alters für eine Dauer von 6 bis 8 Stunden täglich, außer an Samstagen, Sonn- und Feiertagen gedacht. Für das erste brauchte man zunächst geeignete Räumlichkeiten und einen bestimmten Geldbetrag zur Beschaffung der notwendigsten Ausstattung:
Die Mitglieder des „Vereins zur Gründung der Anstalt“ mit dem Vorsitzenden Pfarrer Linz weihten zusammen mit Fräulein Aulepp, der Leiterin, und fünfzig Kindern die angemietete erste Etage im Haus des Tuchmachermeisters R. Saame in der unteren Neustadt ein. Herr Landrat Groß und Herr Bürgermeister Gebhard „beehrten die Feier mit ihrer Gegenwart“.
Die fortschrittliche Einrichtung erfreute sich zunehmender Beliebtheit und es gab bald mehr Nachfrage als freie Plätze.
Zu dieser Zeit war das „Anstaltslocal“ weiterhin im Hause des Herrn R. Saame sen. in der Neustadt untergebracht, in dem es allerdings längst zu eng geworden war und längst nicht alle Kinder aufgenommen werden konnten. Der Vorstand musste sich also um eine andere Lösung bemühen. Zu diesem Zwecke wurde ein Baufonds gebildet, in den – gemessen an den öffentlichen Danksagungen – auch laufend Gelder einbezahlt worden sind. In sinnvoller Zusammenarbeit zwischen der Stadt Eschwege und der Neustädter Kirchengemeinde konnte dann in der Mauerstraße ein Grundstück für den Neubau eines Gebäudes erstanden werden, das auch heute noch der Unterbringung der Kindertagesstätte dient.
Am 05. Oktober 1882 war es damals endlich so weit: Das neue Gebäude konnte übergeben und eingeweiht werden.
Im Laufe der Jahre gab es einige Veränderungen, wie die Eröffnung des „Kinderhortes für Schulkinder“ am 05. Juni 1962. Ein Kinderhort ist eine Tageseinrichtung für Schulkinder im Alter von 6 bis 14 Jahren. In der Hortgruppe dieses Hauses wurden von Beginn an Kinder vom Schuleintritt bis zum zwölften Geburtstag betreut. Sie wurde mit zwanzig Plätzen angegliedert, um der wachsenden Nachfrage der berufstätigen Eltern zu entsprechen, deren Kinder zu weiten Teilen des Tages unbeaufsichtigt und sich selbst überlassen waren. Der Hort Mauerstraße bot den Kindern damals nach der Schule ein warmes Mittagessen, eine „Überwachung“ bei der Erledigung ihrer Hausaufgaben sowie eine „zweckmäßige Freizeitgestaltung“, d.h. „Die Kinder [hatten] Gelegenheit, mit Gleichaltrigen zu spielen, zu basteln und Spaziergänge zu unternehmen.
In den Jahren 1998/99 wurde die Kindertagesstätte mit einem Investitionsaufwand von ca. einer Million DM umgebaut und modernisiert, ein altes Fachwerknachbargebäude durfte abgerissen werden und ein gelungener Neubau wurde erstellt. Diese „städtebaulich ansprechende Lösung“ unseres Kulturdenkmales wurde in der Fachzeitschrift „architektur & wirtschaft“ lobend erwähnt. Im Zuge dieser Maßnahme erhielt auch jede Kindergartengruppe einen Intensivraum.
Der Hort wurde weitgehend im Neubau untergebracht und erstmals wurde ein Gemeinschaftsraum geschaffen. Das nun vergrößerte Außengelände wurde neu gestaltet.
Die Evangelische Stadtkirchengemeinde, als Träger dieser Einrichtung, sowie alle Mitarbeiterinnen der Kindertagesstätte haben es sich in all den Jahren zur Aufgabe gemacht, den Kindern Geborgenheit und Vertrauen zu bieten und ihnen Erfahrungen mit dem christlichen Glauben zu bieten.